Gut drei Viertel der Fairtrade-Lebensmittelabsätze sind auch Bio
Nürnberg, 12. Februar: Die Kombination Fairtrade und Bio kommt bei deutschen Verbrauchern gut an: 2014 waren ersten Hochrechnungen zufolge 79 Prozent der verkauften Lebensmittelmengen mit Fairtrade-Siegel auch Bio-zertifiziert. „Bio-Produkte haben sich auf dem deutschen Markt zu einer festen Größe entwickelt, aber bio heißt nicht automatisch auch fair“, so TransFair-Geschäftsführer Dieter Overath auf der Biofach-Messe in Nürnberg. „Deshalb ist es sinnvoll, Bioanbau mit den ökonomischen und sozialen Kriterien von Fairtrade zu verbinden.“ Der Faire Handel setzt Bio nicht voraus, fördert aber die Umstellung auf biologischen Anbau. Ein Drittel der Standards befasst sich mit Umweltaspekten, zu denen auch der Erhalt der biologischen Vielfalt gehört. Intensive Landwirtschaft trägt weltweit zum Artensterben bei. „Anbauweisen, die Biodiversität fördern, müssen das Leitbild landwirtschaftlicher Produktion werden“, betonte daher Stefan Hörmann, Leiter des Ressorts Business und Biodiversity des Global Nature Fund. Die indische Kleinbauern-Kooperative Manarcadu Social Service Society setzt dieses Anliegen in Projekten zum Schutz von Böden und Diversifizierung der Anbaumethoden um, wie Kooperativen-Präsident Bijumon Kurian berichtete.
Vielfalt bewahren für eine sichere Zukunft
Fairtrade-Standards geben soziale und ökonomische Richtlinien vor – darunter stabile Mindestpreise und eine zusätzliche Prämie für Gemeinschaftsprojekte sowie Versammlungsfreiheit und das Verbot ausbeuterischer Kinderarbeit. Umweltaspekte spielen ebenfalls eine wichtige Rolle, beispielsweise die Wahrung der biologischen Vielfalt: So schreiben die Fairtrade-Standards den Schutz von Gebieten mit großer Artenvielfalt und die Einrichtung von Pufferzonen vor, verbieten Brandrodung und gestatten Wildsammlung nur in sehr begrenztem Rahmen. „Die Fairtrade-Richtlinien beinhalten bereits zahlreiche Vorgaben für die Landwirte, wie sie die Biodiversität aktiv fördern und die negativen Auswirkungen der landwirtschaftlichen Produktion auf Natur und Umwelt verringern können“, erläuterte Stefan Hörmann. Er ergänzte: „Unsere Untersuchung zu Integration und Wirksamkeit von Biodiversitäts-Kriterien in Standards und Siegeln der Lebensmittelbranche hat gezeigt, dass oft noch Luft nach oben ist. Gemeinsam mit Fairtrade wollen wir das Thema Biodiversität künftig noch stärker in den Standards und auch in der Anbaupraxis verankern, zum Beispiel durch Schulungskonzepte für Kleinbauern und Zertifizierer.“
Fairtrade-Produzenten setzen auf Bio-Anbau
Die Bio-Zertifizierung ist die wichtigste Zweitzertifizierung für Fairtrade-Produzenten. Rund 50 Prozent der Produzentenorganisationen weltweit sind neben Fairtrade auch Bio-zertifiziert. Ein Beispiel, wie Biodiversität in der Landwirtschaft geschützt werden kann, gab Bijumon Kurian. Er ist Präsident der Kleinbauern-Kooperative Manarcadu Social Service Society in Indien, die neben Fairtrade auch Bio-zertifiziert ist: „Wir führen mit Hilfe von Fairtrade-Prämiengeldern Projekte durch, um unsere Bodenfruchtbarkeit zu schützen und die Kultur- und Sortenvielfalt zu erhalten.“ Im Schulungszentrum der Kooperative informieren sich die Kleinbauern regelmäßig über biologischen Pflanzenschutzmethoden. Sie ersetzen Pestizide und fördern die biologische Vielfalt der Böden. Kurian betonte: „Monokulturen gibt es in unserer Kooperative nicht. Die meisten Mitglieder bauen neben Kaffee oder Kakao auch Gewürze an. So halten sie ihr Land fruchtbar und schaffen gleichzeitig alternative Einkommensquellen.“
Grün und fair – Bio-Fairtrade-Produkte auf dem deutschen Markt
Fast 70 Prozent des fair gehandelten Kaffees, der 2014 in Deutschland verkauft wurde, sind auch biologisch angebaut. Bei Schokolade sind 54 Prozent bio- zertifiziert, im Bereich Süßwaren 60 Prozent, bei Trinkschokoladen 70 Prozent. Bei Fairtrade-Reis liegt dieser Anteil bei gut zwei Dritteln; bei Tee sogar bei 80 Prozent. Übertroffen werden diese hohen Bioanteile nur von Fairtrade-Bananen. Sie sind unangefochtene Spitzenreiter. 2014 trugen 98 Prozent der fair gehandelten Bananen auch ein Bio-Siegel. Rund drei Viertel aller Bio-Bananen auf dem deutschen Markt sind auch Fairtrade-zertifiziert.
Eine Bananensorte dominiert den Welthandel
„Das Absatzwachstum bei Bio-Bananen freut uns sehr“, so Overath, schränkte aber ein: „Die Banane ist dennoch ein gutes Beispiel dafür, dass neben Produzenten und Verarbeitern auch der Handel Verantwortung für den Erhalt biologischer Vielfalt übernehmen muss“. Derzeit wird mit der Cavendish-Banane weltweit faktisch nur eine Bananensorte gehandelt. Dies führt zu einem Verlust der Sortenvielfalt, der Genpool von Bananen verkleinert sich. Dadurch werden sie anfälliger für Schädlinge- und Krankheiten, was zum verstärkten Einsatz von Pestiziden führt. Dieser ist wiederum schädlich für die biologische Vielfalt. Dazu Dieter Overath: „Um diesen Kreislauf zu durchbrechen und langfristig Ernährungssicherheit zu gewährleisten, muss auch der Handel aktiv werden und mehr Sortenvielfalt zulassen.“
Besuchen Sie uns an unserem Stand auf der Biofach-Messe: Halle 7 / 7-732
Hintergrund:
Der Verein TransFair e.V. wurde 1992 mit dem Ziel gegründet, benachteiligte Produzentengruppen in Entwicklungsländern zu unterstützen. Als unabhängige Organisation handelt TransFair e. V. nicht selbst mit Waren, sondern vergibt das Fairtrade-Siegel für fair gehandelte Produkte und fördert das Bewusstsein für einen nachhaltigen Konsum. Produkte mit dem Fairtrade-Siegel gibt es bundesweit in 42.000 Geschäften. Über 20.000 gastronomische Betriebe schenken Fairtrade-Kaffee und -Kakao aus. http://www.fairtrade-deutschland.de/
TransFair gehört zum internationalen Verbund Fairtrade International, in dem Initiativen aus 25 Ländern und die drei kontinentalen Produzentennetzwerke zusammengeschlossen sind. http://www.fairtrade.net/ Alle beteiligten Akteure werden regelmäßig von FLO-CERT GmbH kontrolliert. Die Gesellschaft arbeitet mit einem unabhängigen und weltweit konsistenten Zertifizierungssystem nach den Anforderungen der Akkreditierungsnorm ISO 65 (DIN EN 45011).
Die gemeinnützige Stiftung Global Nature Fund (GNF) mit Hauptsitz in Radolfzell am Bodensee setzt sich weltweit für den Schutz der Natur ein. Neben konkreten Schutzprojekten zum Erhalt von bedrohten Arten arbeitet der GNF auch mit Partnern aus der Wirtschaft an Strategien zur Sicherung natürlicher Ressourcen. Gemeinsam mit der Bodensee-Stiftung hat der GNF konkrete Empfehlungen zur Integration von Biodiversitäts-Kriterien in Standards und Siegel der Lebensmittelbranche entwickelt. Der GNF ist seit 2014 Mitglied bei TransFair e.V.
http://www.globalnature.org/ und http://www.business-biodiversity.eu/
Die Fairtrade-zertifizierte Kooperative Manarcadu Social Service Society (MASS) setzt sich aus 1050 Kleinbauern zusammen, die im südindischen Bundesstaat Kerala Kaffee, Kakao und Gewürze biologisch anbauen. Aus Fairtrade-Prämiengeldern setzt die Kooperative unter anderem Projekte zum Schutz von Böden und Diversifizierung von Anbaumethoden um. Die Interessen der asiatischen Fairtrade-Produzenten vertritt das Network of Asia and Pacific Producers (NAPP) im Fairtrade-System. http://www.fairtradenapp.org/
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