Die allgemeinen Projektionen für den fortschreitenden Klimawandel zeigen weiterhin zunehmende Temperaturen, sowohl der durchschnittlichen Jahrestemperaturen als auch eine zunehmende Anzahl an Sommer- (Tmax >25°C) wie auch an Hitzetagen (Tmax >30°C). Einhergehend mit diesen wärmeren Verhältnissen ist oftmals auch die zunehmende Trockenheit im Sommerhalbjahr, bedingt durch die höheren Temperaturen durch eine erhöhte Verdunstungsrate als auch durch die tendenziell sinkenden Niederschläge in diesem Zeitraum. Viele Kulturarten kommen unter diesen Bedingungen in Stress und reagieren mit geringeren Erträgen und sinkenden Qualitäten.
Eine Alternative oder Ergänzung zu den bisher meistangebauten ackerbaulichen Kulturen kann für manche Betriebe bzw. Regionen der Anbau von Kichererbsen sein. Herr Böres baut in Boxberg bereits seit 5 Jahren Kichererbsen an. Die ursprünglich aus dem Südosten der Türkei stammende Kultur ist an trockene Bedingungen angepasst und dient dem Betrieb somit als Anpassung an den Klimawandel. Denn laut Projektionen (z.B. Model ETHZ-CLM-HadCM3Q0, A1B SRES scenario, Agri4Cast JRC) werden die Sommertage auch in der Region Boxberg bis zur Mitte des Jahrhunderts deutlich zunehmen.
Kichererbsentag gewährt Einblicke vor Ort
Ende Juli konnten sich Interessierte an dem vom Landwirtschaftlichen Technologieizentrum Augustenberg (LTZ) und der Bodensee-Stiftung organisierten Kichererbsentag im Rahmen des Projektes GeNIAL über den Anbau von Kichererbsen direkt vor Ort informieren und austauschen. Der Betrieb Böres nimmt an Praxisversuchen der Eiweißinitiative Baden-Württemberg teil. Ziel der Versuche ist es die Anbaueignung unterschiedlicher Kichererbsen-Sorten (Cicerone, Nero, Orion, Sultano) in verschiedenen Regionen Baden-Württembergs zu untersuchen.
Die Erträge variierten den vergangenen Jahren zwischen 5 und 20 dt/ha. Die Qualität der Ackerfläche wirkt sich positiv auf den Ertrag aus, aber nicht immer können den großen Ertragsschwankungen Ursachen zugeordnet werden. In diesem Jahr erfolgte die Aussaat der Kichererbsen am 24. April. Da die Knöllchenbakterien der Kichererbsen hier in Deutschland im Boden nicht vorkommen, müssen diese bei der Aussaat mitausgebracht werden. Auf dem Betrieb wurde das Impfmittel Legumefix, das eine größtenteils gute Knöllchenbildung bewirkte. Außer einer einmaligen Herbizidanwendung im Vorauflauf werden jedoch keine Dünge- oder Pflanzenschutzmittelmaßnahmen auf den Kichererbsenfeldern durchgeführt.
Dieses Jahr zu nass und kühl
Im Bestand Ende Juli konnte man erkennen, dass die Pflanzen aller angebauten Sorten nur wenige Hülsen trugen. Denn die Anbaubedingungen für die Kichererbsen waren dieses Jahr im Juni und Juli nicht optimal. Fallen im Jahresdurchschnitt etwa 630 mm Niederschlag, so waren die Monate Juni und Juli für die Region deutlich zu nass und zu kühl. Die durchschnittlichen Tagestemperaturen im Juni lagen oftmals unter 15°C, was zu einer reduzierten Blütenbildung bzw. zu einem reduzierten Hülsenansatz führte. Außerdem wurden durch die nassen Bedingungen Pilzkrankheiten wie die Brennfleckenkrankheit (Ascochyta) begünstigt. Diese Anzeichen von Kranheiten sind auf dem Betrieb Böres bisher im Kichererbsenanbau aber neu.
Ein Augenmerk beim Anbau von Kichererbsen muss neben dem geeigneten Standort – keine staunassen Flächen, sonnig, warmes Klima – und einer mindestens 5-6 jährigen Anbaupause, vor allem auch auf der Keimfähigkeit des Saatgutes liegen. Versuche des LTZ zeigen, dass die Keimfähigkeit des Saatguts stark variiert. Daher sollte vor der Aussaat unbedingt eine Keimprobe durchgeführt werden. Warum die Keimfähigkeit so stark schwankt, ist noch nicht restlos klar. Beeinflusst werden kann dies durch die mechanische Beanspruchung der Körner bei der Ernte und weiteren Verarbeitung (Trocknung/Reinigung).
Vermarktung im Blick
Die Kichererbsen des Betriebs Böres werden etwa zu 40% über die derzeit im Aufbau befindliche Direktvermarktung (Hofladen und Online-Versand) und zu etwa 60% an einen regionalen Falafelhersteller vermarktet. Für die Vermarktung bzw. Verarbeitung werden derzeit in Deutschland die hellschaligen Sorten des Typs Kabuli aufgrund der Optik und den Vorlieben der Verbraucher bevorzugt. Kichererbsen werden bereits heute zu vielseitigen Produkten zur menschlichen Ernährung verarbeitet: Falafel(mischungen), Hummus/Brotaufstriche, Mehl, Tofu, Teigwaren, Chips, Waffeln und Kichererbsendrinks. Vor dem Anbau ist es auf jeden Fall empfehlenswert, die Vermarktungsmöglichkeiten abzuklären, da noch keine großen Vermarktungsstrukturen für die Kichererbsen bestehen.
FAZIT:
Der Kichererbsenanbau kann für manche Betriebe eine sinnvolle Alternative sein, stellt jedoch eine große Herausforderung vor allem bezüglich der noch stark schwankenden Erträge dar. Hinsichtlich der Herausforderungen des Klimawandels besticht jedoch die Kichererbse als Leguminose durch ihren geringeren Wasserbedarf, dem guten Vorfruchtwert für die Folgekultur durch die positiven Wirkungen auf die Bodenstruktur (Humusmehrer, tiefe Durchwurzelung, Wurzelausscheidungen), die mögliche Erweiterung der Fruchtfolge und der damit einhergehenden Streuung des Anbau- und Ertragsrisikos und kann somit ein wichtiger Baustein zur Anpassung des Betriebes an den Klimawandel sein.
Kontakt und weitere Informationen:
Sabine Sommer
Bodensee-Stiftung
Fritz-Reichle-Ring 4
78315 Radolfzell
07732 – 9995-42