Die Bodensee-Stiftung präsentiert internationalen Gästen vorbildliche Projekte und Beispiele zur Einbindung von regionalen Akteuren bei der Energiewende. Die Delegation ist für „augenöffnende“ Einblicke dankbar.
Der Landkreis Konstanz hat in Sachen Bürger- bzw. kommunaler Beteiligung bei der Energiewende einige Projekte mit Vorbildcharakter zu bieten: Auf Einladung der Bodensee-Stiftung hat sich eine Delegation aus Zypern mit regionalen Treibern der Energiewende vor Ort ausgetauscht, um von deren Erfahrungen zu profitieren. Die zypriotischen Teilnehmer*innen stammten aus dem Energieministerium, der Energieregulierungsbehörde sowie Kommunen, die selbst Bürgerprojekte entwickeln oder unterstützen möchten.
Das Interesse bestand vor allem darin, wie öffentliche Stellen Bürgerenergiegemeinschaften unterstützen können. Der Hintergrund: Zypern erwartet den neuen detaillierten Rechtsrahmen für Energiegemeinschaften auf der Grundlage der Umsetzung der REDII-Richtlinie der Europäischen Union (Richtlinie zum Ausbau Erneuerbarer Energien) im Mai 2024. Im Vorfeld dieses Meilensteins bereiten die zuständigen öffentlichen Stellen eine Reihe von Unterstützungsprogrammen vor, um interessierten Gemeinden beim Aufbau der ersten Energiegemeinschaftsprojekte zu helfen.
Ziel: Besseres Verständnis für Energiegemeinschaftsprojekte
Gerade von den lokalen Behörden wird erwartet, dass sie eine aktive Rolle bei deren Förderung und Einrichtung spielen. In diesem Zusammenhang hatte die zypriotische Energieagentur gemeinsam mit der Energieregulierungsbehörde, dem Energieministerium und dem zypriotischen Gemeindeverband um einen Studienbesuch gebeten, um ein besseres Verständnis für Energiegemeinschaftsprojekte zu erlangen und Vertrauen aufzubauen.
Austausch mit Verantwortlichen vor Ort
Die Bodensee-Stiftung ermöglichte es der Delegation, verschiedene reale Beispiele von Bürgerenergie und Geschäftsmodelle aus der Region kennenzulernen. So besuchten die Teilnehmer*innen das Solarenergiedorf Liggeringen, wo ihnen Tobias Hagenmeyer, Geschäftsführer der Stadtwerke Radolfzell, und Ortsvorsteher Hermann Leiz Herausforderungen und Erfolge von der Planung bis zum Betrieb erläuterten. Auch stand der Besuch von Randegg auf dem Programm, wo die Solarcomplex AG bereits 2009 ein Nahwärmenetz für derzeit 145 Haushalte geschaffen hat und seit 2018 ein Solarkollektorenfeld regenerative Wärme bereitstellt. Hier lernte die Delegation sowohl das bürgerfinanzierte Unternehmen Solarcomplex kennen als auch die Bedeutung der Einbindung regionaler Unternehmen in Energiegemeinschaften. Viel Anerkennung zollten die Teilnehmer*innen Andreas Klatt für seine Leistungen bei der Realisierung des Solarparks Mooshof bei Wahlwies. Er stellte die Anfänge der Bürgerenergiegenossenschaft Bodensee vor und ermutigte die Besucher*innen, es der Genossenschaft gleich zu tun. Es lohne sich für die Energiewende, deren Akzeptanz und auch wirtschaftlich.
Expertise der Bodensee-Stiftung aus europäischen Bürgerenergieprojekten
In die Abschlussdiskussion des zweitägigen Treffens brachte Volker Kromrey, Geschäftsführer der Bodensee-Stiftung, seine Expertise aus den zahlreichen europäischen Bürgerenergieprojekten ein, die er mit dem Handlungsfeld Energiewende der Stiftung begleitet hat. „Der Schlüssel für den Erfolg der Umsetzung war überall in Europa die frühzeitige Einbindung und aktive Beteiligungsmöglichkeit der Bürgerinnen und Bürger“, erläuterte Kromrey und ergänzte: „In diesem Bereich haben auch wir viel von anderen europäischen Ländern gelernt. Dieses Wissen können wir nun weitergeben.“
Besuch war “höchst inspirierend”
Die Teilnehmer*innen schätzten, sich mit den Projektentwicklern und kommunalen Vertretern austauschen zu können, um ein besseres Verständnis für gemeinschaftsgetragene Energieprojekte zu gewinnen. Die zypriotische Energieagentur konnte viele Informationen mitnehmen, um ihre Schritt-für-Schritt-Methode zur Gründung von Energiegemeinschaften zu vervollständigen. Die Energieregulierungsbehörde profitierte von einem tieferen Einblick in die rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland und Österreich. Das Energieministerium erhielt Anregungen, wohin es sein geplantes öffentliches Förderprogramm lenken kann, und der Gemeindeverband verstand besser, welche Herausforderungen für die lokalen Behörden bestehen. Rückblickend bezeichneten die Teilnehmer*innen den Studienaufenthalt als „augenöffnend“ und „höchst inspirierend“. Sie nahmen viele neue Ideen und Erkenntnisse für die praktische Umsetzung von Energiegemeinschaften mit nach Hause.
Der zweitägige Studienbesuch wurde von der Bodensee-Stiftung ausgerichtet und der Policy Learning Platform von interreg Europe organisiert. Die Platform zielt darauf ab, EU-weites politisches Lernen zu fördern und unterstützt den Austausch zu guten Beispielen im Bereich der regionalen Entwicklung. Auch Expert*innen für Energiegemeinschaften aus Österreich nahmen an dem Treffen teil.