Das Projekt „Langohrbiene“ war natürlich nur ein Aprilscherz. Kein Aprilscherz sind allerdings die enormen Bestäuberleistungen, die Insekten leisten. Und kein Aprilscherz ist leider der dramatische Verlust dieser wertvollen Helfer. Die Bodensee-Stiftung wird wie schon seit ihrem Bestehen weiterhin für den Erhalt und die Förderung der biologischen Vielfalt arbeiten. Das Einschleusen invasiver Arten (oder von Arten, die es noch gar nicht gibt) wird jedoch nicht dazugehören. Den annamitischen Streifenhasen gibt es nicht, das annamitische Streifenkaninchen jedoch tatsächlich – und es ist ebenso bedroht wie viele der Insekten in Deutschland.
Maßnahme angesichts des Insektensterbens: Ansiedlung des annamitischen Streifenhasens als Bestäuber in Obstanlagen am Bodensee beginnt.
Die Ähnlichkeit ist frappierend: Mit seinen Streifen am Körper verfügt der annamitische Streifenhase nicht nur über eine ähnliche Musterung wie viele Bienenarten, auch erfüllt das Langohr die gleiche Funktion: Die Hasenart, die in Vietnam heimisch ist und eng mit dem annamitischen Streifenkaninchen verwandt ist, unterstützt mit seinem speziellen Sprungverhalten die Bestäubung von Pflanzen. Sein besonderes, für europäische Feldhasen ungewöhnliches Gebaren, macht das Säugetier für den Einsatz auch im europäischen Gemüse- und Obstanbau attraktiv.
80 Prozent der heimischen Blühpflanzen und 84 Prozent der europäischen Feldfrüchte sind auf die Bestäubung von Insekten angewiesen. Allerdings beobachten Forscher*innen seit Jahren ein erschreckendes Insektensterben. In den zurückliegenden drei Jahrzehnten hat sich die Biomasse an Insekten in Deutschland um drei Viertel reduziert.
Dramatischer Insektenrückgang zwingt zu Suche nach Alternativen
Um auch den enormen ökonomischen Folgen mangelnder Bestäuberleistung durch Insekten vorzubeugen, sind dringend alternative Bestäuber gefragt. In Anbetracht der Entwicklung hat die Bodensee-Stiftung eine bedeutende Förderung erhalten, um den annamitischen Streifenhasen in Deutschland anzusiedeln. Das Projekt „Langohrbiene“ startet zum heutigen Ostermontag, 1. April, zunächst in Obstanlagen am Bodensee.
Die Bodensee-Stiftung sieht invasive Arten grundsätzlich sehr kritisch, das dramatische Insektensterben zwingt jedoch zu ungeliebten Maßnahmen. So wird künftig der annamitische Streifenhase zur Erhaltung der Ökosystemleistungen beitragen, die traditionell von den sechsbeinigen Bestäubern erbracht werden.
Hoffnung auf Stärkung der Insektenpopulation
Die Bodensee-Stiftung verbindet mit der Ansiedlung des Fremdlings zudem die Hoffnung auf die Stärkung der heimischen Bienenpopulation: Rund 70 Prozent der Wildbienen bauen ihre Nester im Boden – die sogenannten Sand- oder Erdbienen. Die Bodensee-Stiftung wird beobachten, ob eine Art Wohngemeinschaft oder ein „Schichtsystem“ im Zusammenleben möglich ist, indem die Wildbienen mit in die Erdmulden des annamitischen Streifenhasens einziehen bzw. verlassene Sassen zur Eiablage übernehmen.