Auszeichnung in Gold für biodiversitätsfreundliche Gestaltung

Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen hat gemeinsam mit der Bodensee-Stiftung ein Zertifizierungssystem für biodiversitätsfreundliche Außenräume entwickelt. Nun wurde die Auszeichnung zum ersten Mal verliehen.

Ein Teil des ausgezeichneten Logistikzentrums von L’Oréal in Muggensturm. Copyright: L’Oréal / Katja Zimmermann

Ein Feldlerchenpaar, das auf dem Gründach nistet. Ein Kreuz- und Wechselkrötenhabitat am Teich nahe der Kantine. Zaun- und Mauereidechsen auf dem Gelände, dazu über 30 Vogelarten und die vom Aussterben bedrohte Grüne Strandschrecke: Auf dem Areal rund um das L’Oréal-Distributionszentrum in Muggensturm bei Karlsruhe fühlt sich durch artenreiche Wiesen und verschiedene Lebensraumstrukturen eine Vielfalt von Tieren wohl. Deshalb wurde es bei der Nationalen Jahreskonferenz für Biodiversität in der Wirtschaft mit dem DGNB Zertifikat in Gold für Biodiversitätsfördernde Außenräume ausgezeichnet.

Zertifizierung mit Bodensee-Stiftung erarbeitet

Die DGNB hat das Zertifizierungssystem in enger Zusammenarbeit mit der Bodensee-Stiftung und unter Einbindung zahlreicher Expert*innen erarbeitet. Es hilft Unternehmen, Kommunen und Quartiersentwickelnden dabei, Flächen auf bebauten Grundstücken, an Fassaden und auf Dächern so zu gestalten und zu pflegen, dass diese die Bewahrung der Arten- und Ökosystemvielfalt unterstützen.
Die Zertifizierung hat einen starken Fokus auf ökologische Aspekte, aufgrund der besonderen Bedeutung einer adäquaten Pflege der Flächen basiert die Auszeichnung auf dem Prinzip der Rezertifizierung.

Dank an Daniela Dietsche von der Bodensee-Stiftung

Im Rahmen des UBi-Dialogforums in Berlin ist die erste Auszeichnung in Gold für die biodiversitätsfreundliche Gestaltung von Außenräumen verliehen worden. Links im Bild Daniela Dietsche von der Bodensee-Stiftung. Copyright: Bodensee-Stiftung

Für Ina Allmendinger, Junior EHS (Environment, Health & Safety) Managerin im weltweit größten Logistikzentrum von L’Oréal in Muggensturm, ist die Auszeichnung ein Beleg dafür, dass die Biodiversitätsstrategie des Unternehmens aufgeht: „Bei L’Oréal liegt für alle Unternehmensstandorte ein umfassender Leitfaden zum Biodiversitätsmanagement vor. Unser Ziel ist, dass bis 2030 unsere Standorte und die von uns betriebenen Gebäude eine positive Auswirkung auf die Biodiversität in ihrer Umgebung haben. Neben dem Klimaschutz, der Ressourcenschonung und der Minimierung der Wasserverwendung liegt uns die Biodiversität besonders am Herzen, da sie für den Erhalt unserer Ökosysteme von entscheidender Bedeutung ist.“ Sie dankte bei der Preisverleihung unter anderem Daniela Dietsche von der Bodensee-Stiftung, die das Unternehmen auf dem Weg zur Zertifizierung begleitet hat und beratend zur Seite stand.

“Industrie und Natur muss kein Widerspruch sein”

Auditiert wurde das Projekt durch das auf Bau und Immobilien spezialisierte Beratungsunternehmen Drees & Sommer SE. Das Ziel von L’Oréal sei natürlich ambitioniert, erklärt Laura Lerner von Drees & Sommer, Auditorin für Biodiversitätsfördernde Außenräume. Aber: „Das Distributionszentrum in Muggensturm zeigt, dass Industrie und Natur kein Widerspruch sein müssen – und dass es mit einer guten Planung gelingen kann, Außenraumflächen naturnah und biodiversitätsfördernd zu gestalten, um dadurch die Artenvielfalt vor Ort zu fördern“, so Lerner.

Das Distributionszentrum in Muggensturm wurde 2019 eröffnet. Mit rund 180.000 Quadratmetern Fläche ist es das größte Logistikzentrum von L’Oréal. 450 Mitarbeiter*innen beliefern von dort die Absatzmärkte Deutschland, Österreich und Schweiz. Nachhaltigkeit spielte beim Bau des L’Oréal-Distributionszentrums von Beginn an eine zentrale Rolle. So wurde das Gebäude CO2-neutral konzipiert, rund 7400 Solarpanels auf dem Dach erzeugen den für den Betrieb notwendigen Strom. Ein Drittel des Dachs – 30.000 m² – ist zudem begrünt und bietet somit Lebensraum für diverse Tierarten – genauso wie die klima- und biodivers konzipierte Umgebung. Dazu gehört auch ein umfangreiches Entwässerungskonzept mit großem, begrüntem Wasserrückhaltebecken. Das gesammelte Regenwasser wird zum Bewässern der Grünflächen, für die Reinigung der Hallen und für die WC-Spülungen genutzt. Eine verstärkte Isolierung der Anlage sowie eine Gebäudeleittechnik, mit der zentral die Beleuchtung und die Lüftung gesteuert werden können, sparen ebenfalls Energie.  

„L‘Oréal nutzt viele Möglichkeiten, um das Gelände biodiversitätsfreundlich zu gestalten und stetig zu optimieren“, sagt Laura Lerner. Auf dem Gründach nistet ein Feldlerchenpaar, ein Teich im an die Kantine angrenzenden Innenhof bietet Lebensraum für die Kreuzkröte sowie die streng geschützte Wechselkröte. Mit der Sichtung der Zaun- und Mauereidechse auf dem Gelände gelangen Nachweise von zwei streng geschützten Reptilienarten. Auf dem Gründach leben neben den Feldlerchen auch die vom Aussterben bedrohte Grüne Strandschrecke sowie die streng geschützte Blauflügelige Ödlandschrecke. Darüber hinaus wurden in einem Gutachten 30 Vogelarten, 9 Fledermausarten, 15 Falterarten, 17 Arten von Fang- und Heuschrecken und diverse Großsäuger wie etwa Füchse nachgewiesen. Insgesamt bietet das Areal laut L‘Oréal Lebensraum für 173 verschiedene Tierarten.