Biodiversität über Grenzen hinweg schützen: Bodensee-Stiftung lädt slowakische Gäste ein

Besuchergruppe aus der Slowakei ist beeindruckt vom Engagement in Verwaltung, Unternehmen und Landwirtschaft im Landkreis Ravensburg. Die Sorge um den Verlust biologischer Vielfalt ist grenzüberschreitend.

Auf Einladung der Bodensee-Stiftung haben Vertreter*innen von Kommunen, Vogel- und Umweltschutzorganisationen, Studierende und Interessierte aus der Slowakei den Landkreis Ravensburg besucht, um bewährte Strategien zur Förderung der biologischen Vielfalt kennenzulernen. Das begeisterte Engagement der Akteure in Verwaltung, Wirtschaft und Landwirtschaft habe ihnen Mut gemacht, sagten die rund 20 Gäste nach der zweitägigen Exkursion. Dennoch treibe sie – genauso wie die Organisator*innen von der Bodensee-Stiftung – die Sorge um die biologische Vielfalt weiter um. Der Austausch fand im Rahmen eines von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderten Projekts statt, in dem es um die Verbesserung der Lebensbedingungen für blütenbesuchende Insekten in der slowakischen Region Podpol’anie geht. Im Austausch mit der Bodensee-Stiftung und ihrer regionalen Partner geht es um das angepasste Management von Grünflächen, zum Beispiel entlang von Straßen und Bahnlinien, um die Schaffung neuer Strukturen und um Maßnahmen, die Landwirt*innen umsetzen können.

Auf dem Serpentinenweg zwischen Mehlsack und Veitsburg erläuterte Blanka Rundel, Abteilungsleiterin Grünflächen und Ökologie der Stadt Ravensburg, den slowakischen Gästen Beispiele für die biodiversitätsfördernde Gestaltung von öffentlichen Grünflächen. Copyright: Bodensee-Stiftung

Einleitend gab Biodiversitätsmanager Moritz Ott Einblick in die Biodiversitätsstrategie des Landkreises Ravensburg, die unter Begleitung der Bodensee-Stiftung im Jahr 2018 erarbeitet worden war. In seinem Vortrag stellte er unter anderem verschiedene Handlungsoptionen auf regionaler Verwaltungsebene sowie die Vorteile und Herausforderungen einer lokalen Biodiversitätsstrategie vor. Auch ging er auf das konkrete Vorgehen zur Erstellung einer Biodiversitätsstrategie ein und darauf, wie die verschiedenen Akteure zum Mitwirken motiviert werden können.

Vielfalt im Naherholungsgebiet

Anschaulich wurde es dann beim Rundgang mit Blanka Rundel und Daniel Sauter von der Abteilung Grünflächen und Ökologie der Stadt Ravensburg auf dem Serpentinenweg zwischen Mehlsack und Veitsburg. Hier hat die Stadt verpachtete Flächen in einen Park umgestaltet. Mit Trockenmauern sowie extensiven, blütenreichen Wiesen und Säumen wurde Raum für biologische Vielfalt im Naherholungsgebiet geschaffen. Alte Bäume wurden in die Gestaltung integriert und einzelne Obstgehölze neu gepflanzt. Die Abteilungsleiterin stellte dabei die Anforderungen an die ökologische Pflege, Zielkonflikte und das Feedback aus der Bürgerschaft vor.

Was können Unternehmen auf dem Betriebsgelände für mehr biologische Vielfalt tun?

Elke Schwabe (rechts neben der Tischtennisplatte im Kleid) stellte den Gästen aus der Slowakei die Schritte der Ravensburger Verlag GmbH zu einem naturnahen Firmengelände vor. Copyright: Bodensee-Stiftung

Wie Unternehmen ihr Firmengelände Schritt für Schritt naturnah gestalten und dies in die Nachhaltigkeitsstrategie integrieren können, stellte Elke Schwabe, Global Sales, bei der Ravensburger Verlag GmbH den Gästen aus der Slowakei vor. In Zusammenarbeit mit der Bodensee-Stiftung wurde der Produktionsstandort seit 2020 umgestaltet. Elke Schwabe ermutigte dabei Unternehmen, sich dem Thema naturnahes Firmengelände zu widmen und auch Mitarbeitende einzubeziehen, um deren Akzeptanz zu fördern. Von kleinen Maßnahmen, wie der Duldung von Vegetation zwischen Pflastersteinen bis zur Neuanlage von Blumenwiesen, Benjes-Hecken und dem neuen Gründach zeigte sie Maßnahmen, die das Gelände im Hinblick auf Biodiversität aufwerten. Wie ein Sozialunternehmen biologische Vielfalt auch zur Klimawandelanpassung nutzt, zeigte Daniel Assfalg, Bereichsleiter Garten- und Landschaftsbau bei der Stiftung Liebenau. Seine Abteilung erprobt im Interreg-Projekt „Zukunftsgrün“ in Kooperation mit der Bodensee-Stiftung Anpflanzungen und Ansaaten an sechs Pilotstandorten der Stiftung.

Biodiversität in der Landwirtschaft

Am zweiten Exkursionstag stand die Landwirtschaft im Mittelpunkt. So diskutierten die Gäste auf dem Bioland- und demeter-zertifizierten Lorenzhof mit Landwirt Richard Gasse, wie Biodiversität in der Landwirtschaft erhalten und gefördert werden und sie als Marketinginstrument in der regionalen Vermarktung wirken kann. Zudem betrachtete die Gruppe auf Hof und Felder umgesetzte Maßnahmen wie Heckenpflanzungen, Blühstreifen und Nisthilfen.

Der Lorenzhof ist einer der Zulieferer für Linzgau Korn. In der Landbäckerei Baader erfuhren die Teilnehmer im Anschluss von Inhaber Joseph Baader, wie diese Kooperative entstand, was sie u.a. bzgl. Vorgaben zu Biodiversität und Nachhaltigkeit auszeichnet und wie sie sich im Laufe der Jahre entwickelte.

Gruppenfoto vor dem Schloss Liebenau: Die Stiftung Liebenau erprobt im Interreg-Projekt Zukunftsgrün die Umsetzung von biodiversitätsfördernden Maßnahmen zur Klimawandelanpassung und stellte das Projekt den Gästen aus der Slowakei vor. Copyright: Bodensee-Stiftung

Zum Abschluss konnten sich die Teilnehmenden auf dem Versuchsfeld des Projektes „Buntes Grünland“ von der Effektivität verschiedener Methoden der Grünland-Extensivierung überzeugen. Holger Loritz stellte die Ergebnisse der Mahdgutübertragung und Umbruchansaat vor. Aus dem ehemals artenarmen Intensivgrünland ist so in nur sechs Jahren eine bunte und lebendige Wiese entstanden.

„Der Austausch war für alle Teilnehmenden sehr bereichernd – ganz konkret in der Diskussion von Biodiversität fördernden Maßnahmen, aber auch mit Blick auf nötige politische Rahmenbedingungen, die ganz aktuell in der Slowakei mit Sorge betrachtet werden“, resümiert Daniela Dietsche, Biodiversitätsexpertin bei der Bodensee-Stiftung.

Weitere Informationen auf der Projektwebsite